Auf der Suche nach Arbeit betrat der aufstrebende New Yorker Industriedesigner Gilbert Rohde im Juli 1930 den Showroom von Herman Miller in Grand Rapids. Das Land befand sich mitten in der Großen Depression und das Unternehmen stand kurz vor dem Bankrott. Inspiriert von einem Besuch des Bauhauses während einer Europareise im Jahr 1927 kehrte Rohde mit Ideen zurück, die die zeitgenössische Architektur reflektierten und besser zum amerikanischen Lebensstil passten. Inspiriert von Lewis Mumford, einem ehemaligen Klassenkameraden an der Stuyvesant High School, dessen Werke einen neuen Zugang zu Architektur und Städteplanung ermöglichten, wollte Rohde moderne Möbel herstellen, die sich nicht nur an wohlhabende Privatkunden, sondern an alle richteten.
„Das Interessanteste an einem Haus sind die Menschen, die dort leben", sagte Rohde zu De Pree. „An sie richtet sich mein Design.”
In seinem Gespräch mit dem Gründer von Herman Miller, D.J. De Pree, betonte Rohde die Bedeutung eines nutzerzentrierten Designs. „Das Interessanteste an einem Haus sind die Menschen, die dort leben", sagte Rohde zu De Pree. „An sie richtet sich mein Design." In einem Nachruf des Magazins Interiors aus dem Jahr 1944 wurde Rohde als „lebhafter und schlagkräftiger Redner" beschrieben. Er überzeugte De Pree, ein Risiko einzugehen und das Unternehmen Herman Miller vollständig umzugestalten, womit er den Weg zum heutigen Erfolg des Unternehmens ebnete. Der Fokus auf antike Möbel wurde verworfen und durch problemlösendes, modernes Design ersetzt, wie man es in den Holzwerkstätten West Michigans bisher noch nie gesehen hatte.
Rohde machte bei Herman Miller deutlich, wie sich Design auf den Betrieb eines Unternehmens auswirken kann. Er beriet das Unternehmen nicht nur beim Produktdesign, sondern entwickelte auch die Herstellungsprozesse weiter und vermittelte dem Unternehmen mit der erstmaligen Einführung von Katalogen und Showrooms für moderne Möbel neue Verkaufsstrategien. Auf der Weltausstellung 1933 in Chicago stattete er das Schlafzimmer des Design for Living House mit modularen und klaren Kastenmöbeln aus, womit er dem Unternehmen aus West Michigan weltweit Anerkennung verschaffte. Millionen von Ausstellungsbesuchern sahen Rohdes Designs, die außerdem auch in Magazinen wie House Beautiful und DOMUS vorgestellt wurden. Damit war der Grundstein gelegt, und Rohdes Ideen zur Modularität und sein Streben nach innovativen Materialien und Fertigungsprozessen stehen weiterhin im Mittelpunkt des Unternehmens von Herman Miller.
Von 1936 bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahr 1944 arbeitete Rohde mit der Künstlerin und Industriedesignerin Peggy Ann Mack zusammen, die am Pratt Institute und am Design Laboratory studiert hatte, einer gebührenfreien Designschule, die von der Works Progress Administration gegründet und von Rohde geleitet wurde. Mack wurde von Rohdes Büro eingestellt und war in den Bereichen Showroom, Ausstellungen und Produktdesign tätig. Sie war die Illustratorin der markanten, biomorphen und modernen Katalogdesigns von Herman Miller aus dem Jahr 1941. In diesem Jahr fand außerdem die Heirat von Mack und Rohde statt. Während ihrer Zeit im Studio verlagerte sich das Möbeldesign von streng geradlinigen und modularen hin zu organischen Formen, die ihren Eingang in die zeitgenössische Kunst fanden und später das moderne Midcentury-Design definieren sollten.
Rohdes Genialität wurde von seinem universellen Wissen und Interesse an Kultur als Ganzes bestimmt. Bevor er sich dem Industriedesign widmete, arbeitete er als Musik- und Theaterkritiker, Zeichner und Modeillustrator. Seine Fähigkeit, gesellschaftliche Veränderungen wahrzunehmen, ermöglichte es Rohde, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen.