Lehrer, Schüler und Forscher entdecken die Vorteile einer kooperativen, aktiven Lernumgebung. In den meisten Unterrichtsräumen wurde der neueste Trend, wie Lernen und Lehren neu gedacht werden kann, noch nicht umgesetzt. Dabei besteht hier die große Chance, das Lernen nachhaltig zu verbessern und eine förderliche Atmosphäre für Lernende zu schaffen.
„Lernen ist keine zuschauende Tätigkeit. Die Schüler müssen über das, was sie lernen, sprechen und schreiben, es mit früheren Erlebnissen und Erfahrungen verknüpfen und auf ihren Alltag anwenden. Sie müssen sich die Lerninhalte innerlich aneignen.“ — Chickering and Gamson
Um Schülern gute Lernergebnisse zu ermöglichen, ist ein entscheidender Aspekt, sie permanent zu motivieren. Eine Umfrage des Community College der Universität Texas in Austin zur Studierendenmotivation (CCSSE) hat ergeben, dass nur die Hälfte auch das zweite Studienjahr absolviert. Viele verlassen die Uni sogar schon während des ersten Semesters. Diese Umfrage wird jährlich durchgeführt, um herauszufinden, weshalb viele Studierende ihr Studium so schnell aufgeben, und um dieses Problem langfristig zu lösen. Die CCSSE misst unter anderem, in welchem Umfang die Studierenden aktiv und gemeinschaftlich lernen.
Ein Artikel in der Zeitschrift Change über kooperatives Lernen an Hochschulen zeigt eindrücklich, welch große Vorteile kollaborative Lehr- und Lernmethoden haben. „College-Studenten, die bei individuellem Lernstil nur im Mittelfeld liegen, zeigen bei einer kooperativen Lernmethode deutlich bessere Ergebnisse und gehören dann zu den besten 30 Prozent.“ Diese Studie untersuchte unter anderem die Aspekte Wissensaneignung, Wissensspeicherung, Genauigkeit, kreative Problemlösung und Argumentationsfähigkeit. An ihnen lässt sich messen, ob eine Lernmethode sinnvoll und für Studierende förderlich ist.
Was wir wissen
Die Einrichtung eines Unterrichtsraums hat Einfluss auf Interaktion und Motivation.Höhere Motivation und aktives Lernen verbessern die Wissensspeicherung.
Eine Studie der National Training Laboratories aus dem Jahr 2000 ergab, dass die Studierenden nur 5 Prozent der in einer Vorlesung vorgetragenen Informationen im Gedächtnis behalten. Dagegen liegt die Quote für Diskussionsgruppen bei 50 Prozent und für praktische Arbeiten bei 70 Prozent. Wenn die Studierenden sich gegenseitig unterrichten, liegt die Quote sogar bei 80 Prozent.
Das wusste bereits Sophokles. Der griechische Philosoph sagte schon im 5. Jahrhundert v. Chr.: „Wir lernen nur, indem wir etwas tun, denn wer meint, etwas zu wissen, kann sich erst sicher sein, wenn er es versucht hat.“ Diese Weisheit hat auch Herman Miller in seiner kürzlich durchgeführten Forschung am Estrella Mountain Community College (EMCC) zu beherzigen versucht. 64 Prozent der befragten Studierenden erklärten, „Learning by Doing“ sei ihre bevorzugte Lernmethode.
Alexander Astin, emeritierter Professor an der University of California, Los Angeles, weist darauf hin, dass sich mit einem aktiven Lernraum auch das Lehren verändern muss. Der Lehrer sieht weniger seine eigene Arbeit, sondern vor allem das, was der Schüler tut. Er erkennt, wie motiviert ein Schüler ist und wie viel Zeit und Energie er für das Lernen aufwendet. „Der Fokus richtet sich auf die Beteiligung der Studierenden“, sagt Astin, „sodass Lerntechniken und -ressourcen in den Hintergrund treten.“
An dieser Stelle komme die Motivation der Studierenden ins Spiel. Sie werde zum wichtigsten Ziel des Lehrers. Wir sehen hier also einen deutlichen Unterschied zum traditionellen pädagogischen Ansatz.
Die Einrichtung des Unterrichtsraums trägt dazu bei, dass die Schüler Fähigkeiten für ihren Lebensalltag entwickeln. Autonomes, selbstbestimmtes Lernen und kollaborative Problemlösung sind dabei entscheidende Aspekte.
Zu lernen, wie man lernt, ist eine wichtige Fähigkeit, die dem Schüler sein Leben lang zugute kommt. Die League for Innovation des Community College hat eine Liste von Zielen für Lernende im 21. Jahrhundert erstellt. Dazu gehören kommunikative Fähigkeiten, Diversität und Pluralismus, kritisches Denken und Problemlösung, zwischenmenschliche Fähigkeiten wie Teamwork, Beziehungspflege, Konfliktlösung, professionelle und persönliche Fähigkeiten, um auf Veränderungen zu reagieren und zu lernen, wie man lernt, sowie persönliche Verantwortung.
Roger Yohe, der Leiter des Center for Teaching and Learning am EMCC, sagt: „Das Entscheidende ist nicht, was die Studierenden wissen, sondern was sie mit diesem Wissen anfangen. Gruppenarbeit führt zu starker sozialer Kontrolle. Es kommt viel seltener zu Fehlverhalten als bei Frontalunterricht. Bei kleinen Gruppen achtet jeder auf jeden. Man lernt als Gemeinschaft. Die Studierenden wenden sich bei Fragen zuerst an ihre Kommilitonen und nur im Zweifelsfall an den Lehrer.“
Die Einrichtung des Unterrichtsraums kann formell und informell zu einer höheren Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden beitragen.
Wenn sich der Lehrer frei im Raum bewegen kann, ermöglicht das einen engeren Kontakt zu den Studierenden, wenn diese eine Frage oder ein Problem haben, sodass die Interaktion deutlich verbessert wird. Astin erklärt, der regelmäßige Austausch mit den Lehrenden führe zu größerer „Zufriedenheit unter den Studierenden als jede andere Art der Bezugnahme.“ Studierende, die direkten Kontakt zu ihren Dozenten haben, sind mit ihrem Uniaufenthalt also deutlich zufriedener. Je intensiver der Austausch, umso besser die Bewertung.
Angenehme Lernräume können körperliches und geistiges Wohlbefinden auslösen, ermöglichen eine höhere Konzentration und minimieren Ablenkung.
Wohlbefinden lässt sich nicht immer quantifizieren. Aber wir wissen, dass Menschen, die sich nicht wohlfühlen, unkonzentriert und leicht ablenkbar sind. Temperatur, Licht und Möbel spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber es ist auch auf das geistige Wohlbefinden zu achten. Eine Umgebung, die den Lernenden abstößt oder verschreckt, verhindert nachhaltiges Lernen.
Wir von Herman Miller haben untersucht, welche Auswirkungen ein angenehmer Arbeitsplatz haben kann. Dabei haben wir herausgefunden, dass das Wohlbefinden einer Person steigt, wenn sie selbst über ihre Arbeitsumgebung bestimmen kann. Ergonomisch geformte Möbel und Arbeitsbereiche sorgen für eine höhere Konzentration. Eine angenehme Umgebung sorgt somit dafür, dass wir weniger abgelenkt sind und unsere Arbeit oder unser Lernpensum besser bewältigen können.
Eine Umfrage unter Mitarbeitern des Estrella Mountain Community College lässt keinen Zweifel daran, dass moderne Lernräume eine dem Lehren und Lernen förderlichere Atmosphäre schaffen als traditionelle Unterrichtsräume.
Heutzutage gehen Menschen unterschiedlichster Art an die Universität. Das heißt, die Hochschulen müssen flexible Lernräume anbieten, die diesen Wandel berücksichtigen, sodass alle Studierenden unabhängig von ihrem Hintergrund oder ihren Lernzielen besser lernen können.
Schlussfolgerung
Unterrichtsräume müssen so gestaltet sein, dass sie einer akademischen, geistigen und gemeinschaftlichen Weiterentwicklung förderlich sind. Sie sollen für Wohlbefinden sorgen und weder bei den Dozenten noch bei den Studierenden ein bestimmtes Verhalten vorschreiben oder unterbinden. Die Unterrichtsräume sollen die Motivation sowie aktives Lehren und Lernen fördern und die Lernziele höherer Bildungseinrichtungen unterstützen.
Herausforderung
Wenn aktives, kollaboratives Lehren und Lernen effektiver ist als Vorlesungen und individuelles Lernen, stellt sich die Frage, weshalb die Unterrichtsräume nicht entsprechend umgestaltet wurden. Da wir wissen, dass Frontalunterricht und Wettbewerb zu schlechteren Ergebnissen und hohen Abbruchquoten führt, wäre die nächste Frage, warum die Studierenden immer noch auf fest installierten langen Bänken sitzen – „aufgereiht wie Soldaten“, wie ein Professor des Community College es formulierte – anstatt in Kleingruppen an Tischen oder in Kreisen. Und warum unterstützen die Unterrichtsräume kein dynamisches Lehren und Lernen?
Das Problem bei der Beantwortung dieser Fragen liegt darin, dass Hochschulen viele verschiedene Aspekte berücksichtigen müssen. Sie müssen neue Lern- und Lehrmethoden sowie kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen einbeziehen, die Bedürfnisse der Lehrer, der Studierenden und der Verwaltung berücksichtigen und aus all diesen widerstreitenden Positionen eine mögliche gute Lösung entwickeln, die sich auf ihrem Campus auch umsetzen lässt.
Motivierende, aktive Lernumgebungen zu schaffen erfordert eine gemeinschaftliche Vision, deren Entwicklung und Umsetzung am besten einem spezialisierten Team anvertraut wird, das dank seiner besonderen Fähigkeiten und Talente innovative Lösungen bieten kann.
Lösung
Ein Beispiel für die Gestaltung kreativer Räume, die aktives Lehren und Lernen fördern, ist das EMCC. Das EMCC in Phoenix, Arizona, gehört zum Maricopa Community College District, dem landesweit größten Community College-Bezirk.
Als ein größerer Umbau anstand, bat die Leitung des EMCC einige Lehrer, Studierende und Mitarbeiter, die Anforderungen an die neuen Räume zu formulieren. Herman Miller und seine dortige Verkaufsvertretung, Goodmans Interior Structures, wurden hinzugezogen, um eine ganzheitliche Lernumgebung zu schaffen.
Aus dieser Partnerschaft entstand eine Arbeitsgruppe mit vielfältigen Erfahrungen und Hintergründen. Dabei war allen eines gemeinsam: der Wunsch, das althergebrachte Verständnis hinter sich zu lassen, wie ein Unterrichtsraum auszusehen habe. Zunächst befragte das Team die Dozenten, um mehr über ihre Unterrichtsmethoden zu erfahren. Als häufigster Lehrstil wurde „ein Forum für den offenen, freien Dialog zwischen Studierenden und Dozenten“ genannt. Gefolgt von „Anreize schaffen und eigene Erkenntnisse ermöglichen“.
Um diesem Lehrstil gerecht zu werden, entwickelte das Team drei Prinzipien:
1. Institutionen können Räume schaffen, die die Studierenden fördern und das Lehren und Lernen verbessern.
2. Mithilfe neuer Räume können Institutionen auf sich wandelnde Anforderungen und Erwartungen der Studierenden und Lehrenden reagieren.
3. Die Unterrichtsräume dürfen nicht einen bestimmten Lehr- oder Lernstil vorgeben oder verhindern.
Die größte Herausforderung bestand für das Team darin, die Unterrichtsräume neu zu konzipieren, da sie am unmittelbarsten Einfluss auf die Lehr- und Lernmethoden haben würden. Wie konnte man am besten kollaboratives, aktives Lernen unterstützen, Studierende und Lehrende motivieren, Möglichkeiten der Interaktion zwischen Studierenden und Lehrenden bieten und die Studierenden fordern und fördern?
Sehr bald wurde klar, dass die Antwort nicht sein konnte, das bestehende Konzept der Unterrichtsräume als Grundlage zu nehmen, die nur schrittweise verändert würde. Der Begriff des „Lernstudios“ sollte nicht nur den physischen Raum beschreiben, sondern auch den Paradigmenwechsel hin zu aktivem Lehren und Lernen.
Zunächst entwarf das Team zwei Prototypen solcher Lernstudios. Von der Planung bis zur Umsetzung dauerte diese Arbeit zwar zwei Monate, aber das Ergebnis war für das EMCC richtungsweisend für die neue Ausrichtung seiner Unterrichtsräume.
Nachdem die Lernstudios bereits einige Monate in Benutzung waren, führte Herman Miller bei den Dozenten und Studierenden des EMCC eine Umfrage durch. Dabei sollten die traditionellen Unterrichtsräume mit den neuen Lernstudios verglichen werden. Es wurden Fokusgruppen aus Studierenden und Lehrenden gebildet sowie Interviews mit Dozenten und Verwaltungsmitarbeitern geführt. Außerdem wurde online eine Massenumfrage unter Studierenden und Dozenten durchgeführt.
Die Reaktionen der Studierenden und Lehrenden auf die neuen Lernstudios waren extrem positiv. Insbesondere die Dozenten sahen in den Lernstudios ein gelungenes Modell, das den Möglichkeiten experimentellen und konstruktivistischen Lernens besser entsprach als die alten Räume.
Interaktion und Motivation
Dank ihrer Flexibilität unterstützen die Lernstudios verschiedene Lehr- und Lernstile. Design und Einrichtung der Räume sind variabel, sodass die Dozenten nicht nur Vorlesungen abhalten können, sondern auch Diskussionen, Gruppenarbeit oder aktives Lernen.
Dank der Mobile Intersect Portfolio-Tische und der Caper Stühle kann der Raum immer genau für den jeweiligen Zweck eingerichtet werden. So können in ein und demselben Raum ebenso gut ein Stuhlkreis für alle Teilnehmer wie sechs Tische für größere Gruppen aufgestellt werden.
Alle Produkte aus dem Intersect Portfolio können beliebig verschoben werden. Mit ein paar Whiteboards lässt sich ein größerer Raum schnell und einfach in kleinere Areale aufteilen.
Dank des überall vorhandenen WLAN können sich die Studierende völlig frei mit ihren Laptops bewegen. Auch die Ersetzung der Desktop-Computer durch Laptops hat zur Bewegungsfreiheit beigetragen. Infolgedessen tauschen sich die Studierende mehr untereinander aus und geben bereitwilliger Auskunft über ihre Arbeiten und Erkenntnisse.
Die Lernstudios unterstützen die direkte Beziehung und Kommunikation unter den Studierenden, die dadurch nicht mehr so passiv und isoliert sind wie in einem traditionellen Unterrichtsraum.
Aktive Teilnahme und Selbstverantwortung
Die dynamischen, flexiblen Lernstudios sorgen auch immer wieder für Momente der Überraschung. Die unerwarteten Möglichkeiten, die sich in diesen Räumen eröffnen, lassen diese oft in neuem Licht erscheinen. Das bringt natürlich Vorteile gegenüber dem traditionellen Unterrichtsraum mit seinen langen, feststehenden Tischreihen mit sich.
Die Dozenten des EMCC überzeugte insbesondere, dass Lernstudios Gruppenaktivitäten und damit die Autonomie der Studierenden fördern. Besonders hervorgehoben wurden in den Follow-up-Studien die Möglichkeit, Gruppen zu separieren, die flexible Raumgestaltung und die leichte Darstellbarkeit von Informationen. Ein weiteres Plus war, dass die Studierenden auf diese Weise lernen, selbstständig zu lernen. Dozenten und Studierende können gleichermaßen über den Raum bestimmen.
Roger Yohe vom EMCC untersucht zusammen mit anderen Dozenten, wie sich Motivation und Selbstverantwortung unter den Studierenden weiter steigern lassen. „Wir müssen vom Frontalunterricht wegkommen und den Akzent darauf legen, wie die Studierenden lernen. Das ist aktives Lehren. Unsere Aufgabe ist es nicht nur, den Studierenden eine Theorie beizubringen, sondern ihnen vor allem die Anwendung dieser Theorie zu zeigen. Wenn wir unseren Studierenden das richtige Arbeitsgerät zum Lernen an die Hand geben, begreifen sie, dass sie für sich selbst verantwortlich sind.“
Lernstudios fördern auch die gegenseitige Unterstützung der Studierenden. Im Gegensatz zu traditionellen Unterrichtsräumen ermöglichen sie eine entspannte Gruppenarbeit, ohne dass das akademische Niveau sinkt. Die befragten Studierenden sagten, dass sie bereits selbst Lerngruppen ins Leben gerufen hatten und häufiger ihre Kommilitonen um Hilfe fragten, da Austausch und Teilhabe zum alltäglichen Bestandteil des Unilebens geworden waren.
Durch die besondere Einrichtung der Lernstudios entsteht auch ein Gefühl der Zugehörigkeit. Die Studierenden sagten, dass sie sich nun eher persönlich begrüßten, über Aufgaben sprachen oder einander Fragen stellten, da sie sich durch die neue Anordnung der Tische und Stühle jetzt gegenübersaßen.
Lernen für den Lebensalltag
Die Lernstudios schaffen durch ihre Gestaltung eine kollegiale Atmosphäre, in der Problemlösung und Beziehungsmanagement zum studentischen Alltag gehören. Gemeinschafts- statt Einzeltische, organische statt lineare Raumkonstellationen, Lehrmethoden mit vielen Diskussionen statt frontaler Präsentation – all diese Aspekte fördern Kommunikationsfähigkeit, Teamwork und Beziehungsmanagement.
In einer Gruppe, die viel auf gemeinschaftliche Arbeit und Experimente in Kleingruppen setzt, ist jeder Einzelne wichtig. Der Lehrer ist nicht mehr der „Anführer“. Diesen Aspekt des Lernstudios nannte ein Dozent des EMCC die „Dezentralisierung des Lehrbereichs“. Aber nicht nur der Ort, an dem der Dozent sich befindet, sondern auch dessen Rolle wird dezentralisiert. Ein wichtiges Prinzip lautet jetzt „Geben und Nehmen“. Das sollen die Dozenten ihren Studierenden vermitteln, damit diese es mit in ihr alltägliches Leben nehmen.
Die befragten Studierenden sagten, die Lernstudios förderten das selbstständige Lernen
- durch aktivere Teilnahme an Gruppenaktivitäten,
- durch die anregende Lernumgebung, die zu Sprechbeiträgen und zur Teilnahme an Diskussionen animiert, und
- durch den einfachen Zugriff auf Technologien, die Recherchen und dynamisches Lernen erleichtern.
Interaktion mit formalen und informellen Mitteln
Viele Studierende des EMCC haben nur im Unterrichtsraum die Gelegenheit, mit ihren Dozenten zu sprechen. Meist besuchen sie nur ihre Kurse und verlassen dann wieder den Campus, um zu Hause zu lernen. Insofern ist der Austausch zwischen Dozenten und Studierenden in den Lernstudios von besonderer Bedeutung.
In traditionellen Unterrichtsräumen entsteht stillschweigend eine Hierarchie. Die durchsetzungsfähigen, selbstbewussten Studierenden sitzen vorn und bekommen mehr Aufmerksamkeit als die stillen, schüchternen Studierenden, die weiter hinten sitzen und den Kontakt zu den Dozenten und Kommilitonen scheuen. In den Lernstudios fühlten sich die Studierenden allgemein freier zu sprechen, weil die Räume ungezwungener eingerichtet sind. In einem kollaborativen Raum, in dem sich der Dozent frei bewegte, bahnten sich leichter Gespräche an.
Die Lernstudios bieten aber auch Möglichkeiten für Einzelgespräche zwischen Dozenten und Studierenden. Mit den weichen Sitzmöbeln Celeste, den Covey Hockern und den Resolve Rollschreibtischen können entsprechende Bereiche eingerichtet werden.
Geistiges und körperliches Wohlbefinden
Wie viele andere Community Colleges hat das EMCC viele Studienabbrecher. Viele Studierende kommen aus bildungsfernen Familien, von denen sie nur wenig Unterstützung erhalten. Einige von ihnen haben zudem nur eine geringe Schulbildung oder waren, bevor sie an das College kommen, jahrelang auf keiner Schule. Eine einladende, angenehme und förderliche Lernumgebung sorgt dafür, dass sich diese Studierenden wohler fühlen. Sie macht ihnen den häufig schwierigen Übergang leichter und ermöglicht ihnen bessere Ergebnisse.
Die Antworten der befragten Studierenden deuten darauf hin, dass die Atmosphäre der Lernstudios ihren Erwartungen an höhere Bildungseinrichtungen entspricht. Die Räume strahlten für sie Professionalität, Vertrauenswürdigkeit und Hochwertigkeit aus, Eigenschaften, die sie traditionellen Unterrichtsräumen nicht zusprechen würden. Ihr Eindruck war: Wir werden vom College respektiert und wertgeschätzt. Die Lernstudios sind „einladend“ und „entspannend“. Dieser positive Eindruck könnte gerade bei Community Colleges zu niedrigeren Abbrecherraten führen.
Aber es ist auch auf das körperliche Wohlbefinden zu achten. Die Möbel in den Lernstudios sind ergonomisch geformt und bieten einen hohen Komfort. So sagten die Studierenden über die Caper Stühle, sie seien sehr bequem und würden selbst nach zweistündigen Kursen nicht zu Rückenschmerzen führen.
Darüber hinaus schafft das offene Design der Lernstudios eine angenehmere Atmosphäre. Die Studierenden fühlten sich freier, ihre Sachen auszubreiten und die Stühle zu verrücken. Auch konnte die Raumaufteilung durch verschiedene Hilfsmittel verändert werden. Alle Studierenden konnten mühelos verfolgen, was geschah, und waren weder zu nah noch zu weit weg vom Geschehen. Die Dozenten erklärten, die Geräumigkeit der Lernstudios und die Anordnung der Möbel ermögliche es ihnen, sich frei im Raum zu bewegen, und sie müssten sich nicht mehr zwischen engen Reihen hindurchquetschen.
Ein weiteres Ziel bei der Planung war die Einbeziehung natürlicher Formen und Elemente. Die Räume bieten eine überraschende Vielfalt an Farben, Mustern, Formen, harten und weichen Oberflächen, wodurch eine stimulierende Lernatmosphäre entsteht. Der Butterfly Tisch aus dem Intersect Portfolio bietet mit seinen weichen Formen einen angenehmen Gegenpol zu rechteckigen Tischen. Die Resolve Trennwände sorgen unter den strukturgebenden Elementen für eine leichtere Komponente. Einige Lernstudios verfügen außerdem über weiche Sitzmöbel, die sich besonders für den Austausch unter vier Augen eignen.
Das EMCC ließ nach anfänglich zwei Piloträumen 22 weitere Lernstudios auf dem Campus einrichten. Die weiteren Räume werden angesichts des großen Erfolgs der Lernstudios derzeit fortlaufend renoviert. Dabei bleibt oberstes Designprinzip die maximale Flexibilität der Räume: Raum, Möbel und Technologie müssen im Handumdrehen veränderbar sein. Dadurch kann der Raum nicht nur besser an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden, sondern die experimentellen, dynamischen Lernbereiche steigern auch die Motivation der Studierenden und Lehrenden.
Die Verwaltung des EMCC formuliert es so: „Gutes Design löst Probleme. Wenn unsere Räume den Lehrenden und Lernenden nicht die Möglichkeit bieten, sich auf fruchtbare Weise auszutauschen, sehe ich keinen Sinn, überhaupt zum EMCC zu kommen. Wir müssen als Fürsprecher des Lernens und Lehrens auftreten, um unser College zu einem echten Ort des Lernens zu machen.“
Aus der Partnerschaft zwischen dem EMCC, Herman Miller und Goodmans erwuchs ein neuer kollaborativer Ansatz, wie sich Lernstudios planen und gestalten lassen. Er zeigt, wie Ideen, Erfahrungen und Austausch in einem vielfältigen, kreativen Team zu erfolgreichen Resultaten führen können – wie bei den Studierenden und Dozenten in den Lernstudios.
Referenzen
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